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Die Geschichte der Ägyptologie glänzt schon in ihren Anfängen mit Skandalen, über welche die Studierenden heute nicht mehr unterrichtet werden. Nie kommt zur Sprache, wo und wie etwa Gustav Seyffarth  den Grossheros Champollion als Plagiator Young's entlarvte, wie Champollion in seinen Abschriften Hieroglyphen, die nicht in sein System passten, schlicht durch andere fingierte, oder wie er in Turiner Museum gar unzählige Papyrusfragmente, weil er sie nicht entziffern konnte, „in die Kloaken werfen liess und so aus Unwissenheit und Anmassung die Welt um einige ihrer kostbarsten Schätze gebracht hatte“ - mit grösster Wahrscheinlichkeit sogar einen vollständigen Manetho? (Seyffarth). Oder wird von den Kindereien eines Lepsius berichtet, der auf seiner Ägypten-Expedition den König von Preussen (Friedrich Wilhelm IV) mit einer System-Champollion’schen Hieroglypheninschrift auf der Cheops-Pyramide zu verherrlichen versuchte, die vom Nachfolger Seyffarth's in Leipzig, Uhlemann, auseinanderdividiert wurde?

Jede „Geschichte der Ägyptologie“ müsste nachdrücklich hervorheben, dass erst in jener Zeit vor 150 Jahren die heute noch geltende Sothis/Manetho-Zeitrechnung – das Sothis/Manetho-Verhängnis, wie es besser hiesse – entstand. Diese widersinnige und auch allen Regeln sogar der Wissenschaften extrem widersprechende Erfindung moderner Gelehrter sollte in der Folge die gesamte Altertumshistoriographie pervertieren, nachdem sie nämlich die Geschichtsschreibung der Alten selbst – nicht einmal die Ägypter kannten ja einen derart unsinnigen Kalender! – verdrängt hatte. Es muss denn auch massgeblich der insgeheimen Einsicht dieser vernunftwidrigen Lehrmeinung angelastet werden, dass die jüngere Geschichte der Ägyptologie sich dermassen vehement gegen jede fremde Beurteilung – gestützt auf gesunden Menschenverstand und Sachkenntnis – wehrt: denn wer sich heute noch diesem offensichtlichen Hirngespinst verschreibt, muss sich zukünftig der Leichtgläubigkeit, der Forschungsunfähigkeit und geradezu der Unwissenschaftlichkeit bezichtigen lassen. Polemik ist in diesem Zusammenhang heute durchaus angesagt, nachdem der Diskussion obstinat aus dem Wege gegangen wird.

Sollte eine „Geschichte der Ägyptologie“ jüngeren Generationen nicht auch eine umfassende Basis zur Überprüfung ihrer eigenen Fachgrundlagen liefern? Dies ist umso wichtiger, je fundamentaler ihre Disziplin noch für andere Wissensbereiche massgebend ist. Da die pseudo-astronomische Sothis/Manetho-Datierung aber belastet ist mit dem gesamten Umfeld, wo in archäologischen Schichten allein nach pharaonischen Artefakten datiert werden kann, dürfen gravierende Mängel, wie sie aus dieser Chronologie bekannt wurden, nicht einfach hinter ägyptologischer Überheblichkeit versteckt werden.

Ägyptologiegeschichtlich sollte auch darüber gehandelt werden, wie zuverlässig die modernen Übersetzungskünste der Fachgelehrten überhaupt sind. Obgleich zwar schon Champollion sich rühmte „io parlo il cofto come il francese!“, kann doch auch heute noch kein Ägyptologe auf Anhieb einen ihm unbekannten Text übersetzen, ohne sich vorher über die Literatur extensiv abzusichern. Es wird vielmehr immer klarer, dass die modernen Übersetzungen – gerade etwa von Unterwelt- oder Totenbuchtexten usw – im Laufe der Übersetzungshistorie derart ins Mystische und Esoterische abgeglitten sind, dass ein dem rationalen Verstand zugänglicher Inhalt dieser alten Schriften kaum mehr auszumachen ist: Demzufolge wären also entweder die Urheber dieser Berichte oder eben ihre modernen Übersetzer wegen irrationaler Inhalte zu tadeln – wird dann eine Analogie zu den Sothis/Manetho-Behauptungen der Letzteren angestellt, so fällt die Antwort nicht mehr schwer.

Zur Zuverlässigkeit von Übertragungen aus dem Altägyptischen

Es wird selten realisiert, dass die Entzifferungssystem der Hieroglyphen von Champollion nicht zum einzig möglichen Verständnis der altägyptischen Texte führte. Von Gustav Seyffarth wurde fast gleichzeitig ein rein phonetisches System vorgeschlagen: die Gegenüberstellung seiner Übertragung des Totenbuchspruches 80 mit der modernen Übersetzung von Erik Hornung macht Unterschiede augenscheinlich, die – auf dem Hintergrund der RMNG betrachtet – kein Vertrauen in ein gesichertes Verständnis ägyptischer Texte dieser Art wecken. [1]

Übersetzung Seyffarth:

Die Rede vom Wesen des Schöpfers, des Gottes, welcher in Posaunen spricht und leuchten macht die Wolken des Himmels. Also spricht Osiris N.N. der Wäger und Messer: Ich bin es, der bedecken macht mit Sack das strahlende Gewand der himmlischen Feste, wann ich sprechen will in eherner Posaune. Schau an die Posaune, das Leuchten der Wolken des Himmels, die Schläge des Himmels, welche sagen: fallet nieder, ihr Frauen! und sprechen: fürchtet euch, fürchtet euch, ihr Männer! höret meine Stimme! Ich bin der Führer der Posaune der Wolken des Himmels. [2] Werfet euch nieder vor mir, meiner Posaune der Wolken des Himmels, wenn mein Mund donnert; fallet nieder vor mir, wenn ich fallen mache die Steine der Häuser unter dem Himmel und züchtige, die in ihre Kammern gehen. Werfet euch nieder vor mir, wenn mein Mund ruft; fallet nieder vor mir, dem Gekrönten mit der Krone der Gewalt. Wenn mein Mund ruft, bringet Byssus, Flachs, gebet Mehl, bringt Weihrauch zum Opfer mir; gebet ein wenig Früchte, trockne Trauben alle Monate hindurch ein Jeder. Ich bin der Führer der himmlischen Posaune, der Herr. Fallet nieder vor mir, der Posaune der Wolken des Himmels, dem Herrn.

Übersetzung Hornung [3]           

Gestalt anzunehmen als Gott und die Finsternis zu erleuchten.

Ich bin es, der das Kleid des NUN umgebunden hat,

der Leuchtende, der die vor ihm erleuchtet.

Erhellt ist die Urfinsternis durch die beiden Genossen, die in meinem Leib sind,

durch den grossen Zauber, der in meinem Mund ist.

Es erhebt sich der, der fallen wird,

der mir (doch) zu Hilfe kommen wird,

wenn ich mit ihm gefallen bin im Tal von Abydos und untergegangen bin.

Ich bin es, dessen er gedenkt;

ich habe Befehlsgewalt ergriffen in der Stätte, an der ich ihn fand.

Ich habe die Finsternis bezwungen durch meine Stärke

und habe das Auge gefüllt, als es nicht war, ehe der 6. Mondtag gekommen war.

Ich habe SETH gerichtet im oberen Tempel, zusammen mit den Grossen, die mit ihm sind,

ich habe THOT ausgestattet im Mondhaus und die Krone ergriffen.

Maat ist in meinem Leib,

Türkis und Fayence ihrer Monatsfeste.

Mein Gefilde dort ist aus Lapislazuli an seinem Fest.

Ich habe die Finsternis der Umgestürzten erleuchtet,

die in ihrer Finsternis beten mich an,

die Trauernden habe ich aufgerichtet, nachdem sie matt waren.

Schaut her – ich bin ja NUN,

ich nähere mich nicht, um euch deswegen zu verhören(?).

Ich bin ja NUN, der die Finsternis erleuchtet.

Gekommen bin ich und habe die Finsternis vertrieben,

so dass sie hell ist, hell ist.

Anmerkung bei Hornung:

Text: Ani, Louvre 3073, Nu, Theben 82.

Parallele: keine.

Die Vignette bei Ani zeigt einen hockenden Gott mit Sonnenscheibe auf seiner Perücke, im Louvre-Papyrus einen stehenden, mumiengestaltigen Gott wie in Abb.3.

Im Titel will der Verstorbene allgemein zu einem Gott werden, im Text erscheint er jedoch konkret als Urgott Nun und als Sonnengott; in Vers 5-7 unterstützt ihn dazu noch Osiris, der wohl auch in Vers 8f gemeint ist. Die "beiden Genossen" in Vers 3 sind Horus und Seth. In Vers 11 schreibt Ani "ich habe das Auge gerettet..." (der Mond als Horus-Auge), in Vers 17 "ich habe die Finsternis erleuchtet und die Feinde zu Fall gebracht". Vers 19 meint die Auferweckung der Verstorbenen aus ihrem Todesschlaf, Vers 21 bleibt unklar.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die moderne Hornung-Übersetzung alles vermissen lässt, was noch an einen zeitgenössischen "alttestamentliche" Inhalt erinnern könnte, obgleich das Totenbuch offensichtlich (mit Seyffarth einiggehend) recht klartextlich von einer Gottheit berichtet, welche kataklystisch daherkommt – eben so, wie etwa in Welten im Zusammenstoss nachzulesen ist. Was für eine "Finsternis erleuchtet" werden soll, bleibt bei Hornung im Dunkeln, ebenso wie der sattsam missverstandene "Sonnengott": kein Ägyptologe hat bis heute begriffen, dass die mit einer Sonne ausgestatteten Gottheiten nicht die Sonnen selbst darstellen, sondern vielmehr jene mächtigen Planeten bezeichnen, die mit der für die Menschen absolut lebenswichtigen Sonne etwas anzustellen vermögen: so zB Isis-Venus, wenn sie die Sonne zwischen ihre Hörner nimmt und dadurch die gesamte Erde existentiell gefährdet. [4]  



[1]     Zum Streit der Schulen Champollion's und Seyffarth's vgl Max Uhlemann Handbuch der gesamten ägyptischen Altertumskunde I (Leipzig 1857);  ebenda: Spruch 80, Übersetzung Seyffarth, S 128f.

[2]     Bis hierher vom Ägyptologen Hornung (Basel) selektiert mit dem süffisant klingenden Hinweis einer "Probe, die wohl eher von alttestamentlicher Sprachgewalt als vom ägyptischen Text inspiriert ist".

[3]     Erik Hornung Das Totenbuch dwer Ägypter (Zürich 1979)

[4]     Es wird auch die Selbstverständlichkeit nicht mehr erklärt – weil ja den heutigen Orientalisten die astronomische Bildung fehlt –, dass die grosse Anzahl der Gottheiten deren Weg durch die 12 Zodiakhäuser und andere Himmelsgegenden geschuldet ist: in jedem Haus, in welchem die Gottheit absteigt, trägt der Planet einen anderen Namen mit passenden Attributen, welche dem heutigen Ägyptologen dann allerlei fantasievoll-esoterische Erklärungen entlocken.

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